1806 – 1882
Salomon II.
Als er das Haus Jejova’s nun
erbaut,
Und seine Weisheit überall
erkannt
Sabäa’s Königin aus fernem Land
Gekommen und sein Angesicht
erschaut:
Da kannt’ er jeden Baum und
jeded Kraut,
Die Ceder und den Ysop an der
Wand,
Jedwede Krankheit heilte seine
Hand,
Der Vögel Sprache selbst war
ihm vertraut.
Mit Namen nannt’ er all’ und
jedes Ding,
Er wußte, was da ist und was
gewesen,
Der Geister Kräfte band sein
Zauberring.
Und als er ganz der Schöpfung
Schrift gelesen,
Sein Haar ergraut war und er
hochbetagt:
„`s ist Alles eitel!“ – hat er
da gesagt!
Zu einer Zeichnung
Apollo lenkt die Rosse
himmelan,
Der Sonnnwagen steigt am
Aetherbogen,
Aurora ist ihm schon
vorangezogen
Und streuet Rosen auf des
Gottes Bahn.
Den Liebling darf sie sanft so
früh’ umfah’n,
Den schönen Cephalus, dem sie
gewogen,
Und Amorinen kommen angeflogen,
Dem holden Paar mit Kränzen
sich zu nah’n.
Die Sterne müssen vor der Sonn’
erbleichen
Und sinken müde in den Schooß
der Nacht,
Die unten thront in ewig
dunklen Reichen.
Ihr ruhen Schlaf und Tod zu
beiden Seiten,
Wenn einer wohl, der andre nie
erwacht,
Und Luna’s Schein glänzt mild
durch Dunkelheiten.
Werd’ ich dich einst dort oben
wiedersehen,
Dann ist, von dunkler
Körperhaft befreit,
So leuchtend deiner Schönheit
Himmelskleid,
Daß thronend mir die Augen
übergehen.
Doch Schmerzen dürfen dort
nicht mehr bestehen;
Du siehst mich an – vorbei ist
alles Leid,
Ich schaue dich zum Engel neu
geweiht,
Und lächelnd hörst du meiner
Seele Flehen.
Dort, wo die Liebe einzig
Element,
Wo wir in ew’ger Lieb’ uns Alle
finden,
Ist auch die Liebe rein von
Leid und Sünden.
Dort, wo die Leidenschaft nicht
mehr entbrennt,
Wo Eines wir im Andern selig
leben,
Wird Himmelsschönheit uns zu
Gott erheben.
Das reine Göttersiegel auf der
Stirne,
Es ist verlöscht – doch nein!
verdunkelt nur,
Noch leuchtet eine leise
Dämmerspur,
Ach! nicht, wie sonst, der
Glanz der Alpenfirne!
Ein Wolkenschleier hat sich d’rum
gewoben,
Ein Leidenszug, ein irdischer
Contour;
Doch wie ein Blitz durch dunkle
Wolken fuhr,
Wird manchmal wohl des
Schleiers Druck gehoben.
Wohl, wenn sich nach und nach
die Wolken heben,
Ein milder Schein den
Lebensabend hellt,
Die ew’ge Gnade das Verlor’ne
sühnt.
Doch, weh! wenn immer tiefer
sinkt das Leben,
Die Seele der Gemeinheit Sumpf
verfällt,
Bis Frechheit sich zu wildem
Trotz erkühnt.
Zwei Brüder gab’s, unsterblich
war der Eine,
Der And’re an das Erdenlos
gebannt;
Sie gingen jugendselig Hand in
Hand,
Voll Schicksalstrotz in
liebendem Vereine.
Die Dioskuren sind es, die ich
meine,
Ein himmlisch Zwillingspaar,
euch wohlbekannt,
Castor und Pollux waren sie
benannt,
Als Sterne leuchtend noch mit
hellem Scheine.
Und als der Sterbliche den Tod
rlitten,
Da hat der And’re willig sich
entschlossen,
Sein ewig Leben halb mit ihm zu
theilen.
Abwechselnd wird des Daseins
Lust genossen:
Der Eine sinkt, im Hades zu
verweilen,
Der And’e steigt zum Licht mit
Götterschritten.
Frei nach Goethe
Natur! von dir umgeben und
umschlungen,
Aus dir heraus nicht, tiefer
nicht hinein
In dich bringt uns der
strengsten Mühe Pein,
Du hältst uns fest, bis wir in
Schlaf gesungen.
Wir folgen deinem Willen sanft
gezwungen
Gehorsam, wollten wir es auch
nicht sein;
Du sprichst durch uns, und was
wir thun, ist dein,
Denn Herz und Zungen sind von
dir durchdrungen.
Doch deine höchste Krone ist
die Liebe!
Durch einen Trunk aus ihren
Nektarschalen
Hältst du uns schadlos für des
lebens Qualen.
Du führtest mich herein in dies
Getriebe,
Du, Mutter, wirst dein eigen
Kind nicht hassen,
Von dir will ich hinaus mich
führen lassen.
Zum Licht aus Grabesdunkel
strebt die Pflanze,
Und aus der Wurzel hebt sich an
dem Stiel
Je Blatt um Blatt und Zweig um
Zweig zum Ziel,
Das die Verwandlung krönt im
Blüthenkranze.
Am Boden festgebannt, folgt sie
dem Glanze
Mit Knospenprangen, der
Gestirne Spiel,
Zu zarter Windung zwingt ein
Urgefühl
Sie um sich selber nach der
Sphären Tanze.
Zwiefach Gebot bedinget so ihr
Leben;
Von innrem Drang, ihr Wesen zu
erfüllen,
Nach schon im Keim verborg’nem
Ideale,
Von außen Himmelskräfte, die
sie heben,
Und beugen sanft den starren
Eigenwillen
Zum Urgesetz unendlicher
Spirale.
Der neue Petrarca
Nicht meiner laura Preis hab’
ich gesungen
In dieser nüchtern-sachverständ’gen
Zeit,
Die, ach! den Geist nur
allzusehr befreit
Von süßen Banden, die ihn sonst
umschlungen.
Und doch ist manch’ Sonett mir
wohl gelungen,
Denn was mein Herz ergriffen
nah’ und weit,
In Gegenwart und in
Vergangenheit,
Der eignen Seele hab’ ich’s
vorgesungen.
Dem Vaterland, der Freiheit und
dem Leben,
Der Liebe und den höchsten
Idealen,
In Scherz und Ernst mein
Saitenspiel ertönt.
Die frische Kraft, die mir ein
Gott gegeben,
Hat mir im Dichten treulich wie
im Malen
Des Lebens heißen Arbeitstag
verschönt.